Wenn zwei Geographen umsatteln
Von der Erkundung der Landwirtschaft
Als Marita Pulfer und ihr Mann Josef Pulfer sich während ihrer Arbeit als Geographen im Nationalpark Berchtesgaden kennenlernten, schwebte ihnen eigentlich noch nicht ein Leben auf einem landwirtschaftlichen Betrieb vor. Doch wie es oft so ist, kommt es im Leben anders als man denkt - so auch bei den Pulfers.
Die heutigen Tutzinger Landwirte studierten zunächst einmal Geographie. Josef Pulfer wuchs auf dem kleinen Hof in der Nähe am Ortsende von Tutzing auf. Kühe und die oftmals harte Arbeit, die die Landwirtschaft so mit sich bringen, waren dem Mann also nicht fremd. "Nachdem sich abzeichnete, dass mein Schwiegervater die Landwirtschaft nicht mehr alleine machen konnte und es darum ging, den Betrieb einzustellen oder weiterzumachen, haben wir keine Sekunde gezögert", blickt Marita Pulfer auf die Geschehnisse zurück.
Alles Bio?
Das war 2001. Damals übernahmen die Eheleute den Betrieb von den Schwiegereltern auf dem damals nur noch circa 15 Kühe anzutreffen waren. "Für mich war aber von Anfang an klar, dass ich nicht mit konventioneller Landwirtschaft weitermachen will", so Pulfer. Damals sei der Betrieb noch kein Bio-Betrieb gewesen. "Ich habe mich schon immer bewusst ernährt und auf die Qualität unserer Lebensmittel geachtet, also war es klar, dass ich es anders machen möchte", führt sie weiter aus.
Doch genau dieses "anders" war nicht immer von Anfang an willkommen. Die Pulfers hätten damals mit ihrer Bio-Idee nicht unbedingt offene Türen eingerannt. "Bio war damals zwar bekannt aber noch nicht weit verbreitet", erklärt sie weiter. Doch die Eheleute zogen an einem Strang, sodass sie 2009 ihre erste Bio-Zertifizierung an ihr Hoftor anbringen durften.
Von der anderen Seite
Ein weiterer Grund für die Umstellung auf Bio sei auch die Wirtschaftlichkeit gewesen, denn Marita Pulfer, als "Ungelernte" habe einen anderen Blickwinkel auf die Dinge gehabt. "Ich habe vieles der vorherigen Betriebsabläufe hinterfragt", sagt sie. "Mir hat es nicht gereicht, wenn mir jemand als Erklärung gab: 'Das machen wir schon immer so'. Das war für mich noch nie eine aufschlussreiche Antwort", sagt die wissbegierige Frau. Schnell habe sie angefangen, bei den verschiedenen Ämtern und landwirtschaftlichen Institutionen Fortbildungen zu machen. "Ich war von Anfang an Feuer und Flamme für die Landwirtschaft", sagt sie.
Mit der Zeit zogen dann auch wieder weitere Kühe der Rasse Fleckvieh auf den Hof ein. Mittlerweile züchten die Pulfers ihre Kühe selbst und verkaufen sie auch weiter. Derzeit leben circa 40 Stück Jungvieh und 25 Milchkühe auf dem Hof. Nach und nach kamen dann weitere Tiere hinzu. An der kleinen Arche-Noah seien die beiden Söhne Joseph und Martin nicht ganz unschuldig: Der eine hatte ein Herz für Hühner, der andere für Schafe. "Jetzt haben wir 40 Hühner am Hof und fast 100 Schafe", schmunzelt die zweifache Mutter.
Von Anfang bis Ende
Die Produkte vom Biohof Pulfer werden komplett vermarktet: Die Milch geht zur Bio-Molkerei Scheitz nach Andechs, Eier gibt es "ab Hof" und das Fleisch der Tiere nur auf Bestellung. "Wir schlachten nur, wenn wir genügend Anfragen für das Fleisch haben", erklärt Marita Pulfer. So müsse man schon einmal mit längeren Wartezeiten auch auf vorbestelltes Fleisch warten. "Wir wollen eben nicht überproduzieren und den Bezug zum Tier komplett verlieren", erklärt sie weiter.
Die Pulfers pflegen einen engen Kontakt zu ihren Nutztieren: Kommt man zu den Vierbeinern, warten sie schon freudig auf eine Streicheleinheit, egal ob Schaf, Kuh oder Huhn. "Ich muss meine Tiere kennen, sonst kann ich nicht sagen, ob eines krank ist oder mit ihm etwas nicht stimmt", führt sie weiter aus. Die Tiere leben in einem wahren Paradies: Im Winter sind die Kühe in einem hellen Stall untergebracht, ab Ende April geht es für sie bis zum Wintereinbruch raus auf saftige Weiden - direkt gegenüber vom Wohnzimmer der Pulfers. "Kühe sind intelligent. Es kommt schon einmal vor, dass eine Kuh unser Gartentor öffnet und schaut, was wir auf der Terrasse so machen", lacht die Landwirtin.
Auch Hühner und Schafe sind fast das ganze Jahr draußen. Die Schafe mit ihrer dicken Wolle stehen auf den Weiden um den Pulferhof. Jede Gruppe hat dabei seinen eigenen Unterstand, sodass sie - trotz der dicken Wolle - auch bei schlechtem Wetter Schutz finden. Die Hühner und zwei Laufenten dürfen ebenfalls immer raus. Nur nachts müsse man sie einsperren, denn der Fuchs habe auf sie ein Auge geworfen.
Bio für Bio
"Unsere Tiere bekommen natürlich auch nur biologisch erzeugtes Kraftfutter. Dieses Jahr wollen wir das Kraftfutter auch selbst erzeugen", verrät sie. Ansonsten werden Schafe und Kühe nur mit Weidegras und Silage gefüttert - natürlich selbst erzeugt und von den eigenen, biologischen Feldern. "Biologische Erzeugnisse unterliegen einer strengen Kontrolle. Wir haben viele Vorgaben, die natürlich sinnig sind und die Qualität unserer Produkte sichern", sagt Marita Pulfer. Es kann eben nur Bio rauskommen, wo auch Bio drin sei.
Bei den Pulfers ist eben alles Natur pur. "Man muss die Natur einfach so schätzen wie sie ist und sie vor allem auch so lassen wie sie ist", so das Credo der Familie. Da sei es egal, ob es um behornte Kühe ginge oder um den Einsatz von Pestiziden. "Wir haben nur diese eine Natur, ich sehe es gerade als Landwirtin als meine Pflicht an, diese zu schützen", so die Bio-Bäuerin. Mit dem Pulferischen Stückchen "heile Welt" ist das auf jeden Fall schon einmal gelungen.
Infobox
Da die Pulfers nur auf Nachfrage produzieren, können sämtliche Erzeugnisse per E-Mail an pulfermarita@gmail.com vorbestellt werden.
Betriebsgröße
50 Hektar
25 Milchkühe
40 Jungkühe
100 Schafe
40 Hühner
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