Zu neuen Ufern
Buchheim-Museum macht aus altem Motorschiff eine Malschule
Das Buchheim-Museum hat einen dicken Fisch an Land gezogen: Die alte „MS Phantasie“ ist die längste Zeit durchs Gewässer geschippert, nun tritt sie ihren Dienst als Malschule an. Der Dampfer wurde mit Hilfe eines Autokrans vor dem Museum auf ein neues Fundament im Park gesetzt.
Das Motorschiff, Baujahr 1960, war als „MS Rottach“ erst auf dem Tegernsee im Einsatz, ehe es 2002 noch zu Lebzeiten Lothar Günther Buchheims an den Starnberger See kam. Von dem Chemnitzer Künstler und Buchheim-Freund Karl-Heinz Richter stammt die originelle Bugfigur: eine füllige blauweiße Bavaria in Flugpose, eine Art Hommage an Kate Winslet im Titanic-Film. Fortan verkehrte die „MS Phantasie“ als Museumslinie zwischen Starnberg und Bernried, die skurrilen Ausstellungsstücke im Innern waren ein Vorgeschmack auf den Besuch. In der letzten Zeit wurde das in die Jahre gekommene Schiff jedoch nur noch selten eingesetzt. Unter anderem, weil seine Länge von 20 Metern das Anlegen an den Ostufer-Stegen schwierig machte und die Passagiere nicht barrierrefrei, sondern nur über Stufen einsteigen konnten. Als die Verschrottung unausweichlich schien, brachte ein Anruf von Museumsdirektor Daniel J. Schreiber bei der Bayerischen Seenschifffahrt die Rettung für den kleinen Dampfer. Aus dem Motorschiff „Phantasie“ wird die Malschule „Phantasie“, in der ab nächsten Frühjahr neben einem offenem Atelier und Workshops auch verschiedene Kreativ-Ferienkurse stattfinden.
Park mit Überraschungen
So wie die MS Phantasie neue Fahrt aufgenommen hat, befindet sich auch das Museum im Aufwind. Gerade kam die Zuschussbewilligung für die „Wunderwelt Bernried“, die eine entdeckungswürdige Verbindung zwischen Ortskern und Museum schaffen will. Die Gesamtsumme des Projekts beträgt rund 200.000 Euro, von denen knapp die Hälfte mit Leader-Fördergeldern, der Rest von Museum und Gemeinde bezahlt werden soll.
Besonders besucherfreundlich war die Strecke von Anlegesteg zum Museum bislang nicht. Nun soll sie nicht nur hergerichtet, sondern zu einem „Park der Überraschungen“ aufgewertet werden, der neugierig aufs Museum macht. Die Besucher können sich schon mal darauf einstellen, dass sie hier allerhand Verrücktes und Originelles am Wegesrand erwarten wird, getreu dem kunterbunten „Phantasie“-Credo des Gründers Buchheim. Museumschef Schreiber zeigte bei einem Pressegespräch schon mal Beispiele wie Schaukeln, die sich wie Musikinstrumente spielen lassen, Treppen ohne Anfang und Ende sowie Menschenfiguren, die ihre Köpfe in Abfalleimer stecken. Welche Kunstobjekte letztlich zur Auswahl kommen, soll ein Künstlerwettbewerb klären.
Forschung nach NS-Raubgut
Außerdem ist die Sammlung des Buchheim-Museums online gegangen. Zunächst sind Bilder aus den Jahren 1933 bis 1945 ins Netz gestellt, für die die Provenienzforschung bereits abgeschlossen wurde. Das heißt, dass sie die lückenlose Überprüfung der Besitzerwechsel und Eigentumsverhältnisse durchlaufen haben und sich kein Verdacht auf NS-Raubgut ergeben hat. Denn der Fall Gurlitt hatte auch die Hüter der Buchheimschen Kunstsammlung auf den Plan gerufen, selbst wenn das private Museum nicht dazu verpflichtet ist, die Herkunft seiner Bestände zu klären. „Das ist eine Pionierleistung für ein nichtstaatliches Museum“, so Leiter Daniel J. Schreiber.
Die Werke kann man nun im Internet für private und wissenschaftliche Zwecke recherchieren. Ein schöner Nebeneffekt ist es, dass sich jetzt viele Detailfragen beantworten lassen. Wer zum Beispiel die verführerische Nackte auf Kirchners „Akt auf blauem Grund“ ist, denn viel zu lange sind die Musen der Maler im Dunkel der Kunstgeschichte geblieben.
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