500 Millionen Stechmücken
Bürger kartieren stark betroffene Gebiete
Die sumpfigen Bereiche nahe dem Ammersee in Herrsching sind ideale Brutstätten für Mücken. In den weitläufigen Pfützen und Tümpeln tummeln sich ganze Schwärme der Plagegeister. Bei einer Führung zu den besonders betroffenen Gebieten hatten sich die Vertreter des Vereins „Mückenplage – nein danke“ deswegen mit Gummistiefeln, langärmeligen Jacken und Mückenschutzspray ausgestattet. Trotzdem umschwirrten die Mücken die kleine Gesellschaft um Biologe Matthias Galm. Er hatte eine Schöpfkelle mitgebracht, mit der er aus den Tümpeln, die sich beidseits des Wegs vom unteren Parkplatz des Hauses der Bayerischen Landwirtschaft zum Ammereeufer gebildet hatten, Proben nahm. An diesem Tag fanden sich vereinzelte Larven im Wasser. „Die meisten sind schon geschlüpft“, wusste der Biologe. Vor einigen Wochen hatte es noch ganz anders ausgesehen. Da hatten sich in den Proben, die er und Helfer genommen hatten, bis zu 60 Larven in 250 Milliliter Wasser befunden. Da ein Mückenweibchen etwa 100 bis 200 Eier legen kann, könnten bis zu einer halben Milliarde an Überschwemmungsmücken entstehen. So werden die Mücken, die in temporären Wasserflächen brüten, im Gegensatz zu den herkömmlichen Hausmücken bezeichnet.
Austrocknen oder BTI
Mückenexperte Galm beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Mücken. Seine Expertise ist gefragt, wenn die Mücken zu einer Plage werden. Das beginnt bereits mit einer Anzahl von fünf Larven pro Schöpfkelle. Es gibt verschiedene Methoden, die vom Austrocknen von Flächen bis zum Einsatz vom Mittel BTI reichen. Dabei handelt es sich um den „Bacillus thuringiensis israelensis“, der auch in der Biolandwirtschaft verwendet wird. Früher habe man in den Rheinauen Öl auf das Wasser geschüttet, um die Larven unter dem Ölfilm zu ersticken, erzählte Galm. Diese umweltzerstörende Brachialmethode kommt heute natürlich nicht mehr in Frage. Es sollen auch nicht alle Mücken ausgemerzt werden, sondern die Population reduziert, indem nur an Hotspots eingegriffen wird.
Bisher hat der Gemeinderat in Herrsching dieses Vorhaben abgelehnt. Nicht jeder im Ratsgremium glaubte, dass die Mückenplage schlimmer geworden sei. Jetzt nehmen die Bürger eine Kartierung von betroffenen Gebieten vor, um zu belegen, dass es sich nicht um eine subjektive Wahrnehmung, sondern um eine Tatsache handele, die sich angesichts des Klimawandels und der Verdichtung in den Wohngebieten, in Zukunft noch verschärfen könnte, so Rainer Jünger vom Verein „Mückenplage – Nein Danke“.
Grundlage für eine Diskussion
Neben der Larvenzählung werden Fallen aufgestellt, um die Mückenarten zu bestimmen. Die Daten sollen Grundlage für eine Diskussion über eine Populationsbegrenzung bei den betroffenen Gemeinderäten am Ammersee bilden. In Eching haben Bürger bereits private Wiesen entdeckt, in denen nach Regen das Wasser stehen bleibt. Hier sollen BTI-Bakterien eingesetzt werden. In Herrsching geht es im ersten Schritt um die Dokumentation der Situation.
In diesem Jahr sei die Situation verhältnismäßig entspannt gewesen, aber „das letzte Jahr war schlimm“, berichtete Harry Straßer aus Herrsching. Nicht einmal untertags hätte man die Türe öffnen können, „ohne dass uns ein Mückenschwarm anflog“, erinnerte er sich. Kinder hätten den Juckreiz der unzähligen Stiche kaum ertragen können. Deswegen hatte es in einer Echinger Kita sogar eine Woche lang „Gartenverbot“ bei schönstem Wetter gegeben, so eine Mutter.
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