„Einfach nur schlimm“
Ausstellung judenfeindlicher Postkarten am CPG
„Es ist gemein, dass Juden wegen ihrer Religion ausgeschlossen werden“, „traurig, dass Menschen so gemein sein können und dass es normal war“ oder „Wie konnte so etwas geschehen?“. Im Gästebuch, das Geschichtslehrerin Melanie Rossi im Ausstellungsraum ausgelegt hatte, fanden sich viele solcher Bemerkungen von Schülerinnen und Schülern nach dem Besuch der Ausstellung „Abgestempelt – judenfeindliche Postkarten“.
Das Christoph-Probst-Gymnasium (CPG) Gilching hatte die Wanderausstellung der Bundeszentrale für politische Bildung an die Schule geholt, um ein Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus zu setzen. Dabei haben einige Klassen konkret an dem Thema gearbeitet. An diesem Morgen teilte Lehrerin Melanie Rossi Arbeitsblätter an eine Q 12 aus. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich verschiedene Themen aussuchen, um die Wirkung von politischen Postkarten beziehungsweise typischer Stereotypen, mit denen Juden dargestellt wurden, herauszuarbeiten. An den verschiedenen Stationen der Ausstellung studierten sie Postkarten zu Themen wie „Antisemitismus im Bild“, „Juden in der Gesellschaft – drei Stereotype“ oder „Staatlich geduldeter und propagierter Antisemitismus“. Die meisten der Postkarten aus einer privaten Sammlung stammten dabei aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg.
Juden würden auf den ausgestellten Postkarten als missgebildet mit Hakennase, als Betrüger und Geldabschneider, sogar als Tiere abgebildet, fasste eine Schülergruppe zusammen. Dabei wurden die Postkarten mit scheinbar witzigen Texten versehen. Was in früheren Zeiten als „lustig“ galt, fanden die heutigen Schüler „einfach nur schlimm und beleidigend“. „Kein Schüler hat gelacht“, freute sich Rossi. Sie schreibt das nicht nur dem gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandel zu, sondern auch dem Selbstverständnis des Christoph-Probst-Gymnasiums, das sich nicht nur dem Namensgeber und Widerstandskämpfer verpflichtet fühlt, sondern auch den Titel „Schule ohne Rassismus“ trägt. „Die Schüler waren alle gut informiert und interessiert und zwar bereits ab der achten Klasse“, vermerkte Rossi stolz.
Parallelen zur Jetztzeit
Ihre Abiturienten blieben in dieser Unterrichtsstunde nicht in der Vergangenheit, sondern fanden in der Bildsprache und in den Symbolen Parallelen zur Jetztzeit mit ihren Corona-Diskussionen. Da gebe es Demonstranten, die sich einen Davidstern mit dem Aufdruck „ungeimpft“ angeheftet hätten, es gebe Vorwürfe, dass „die Juden“ schuld an Corona seien. „Dass Antisemitismus eine Plattform findet, zieht sich in vielen Bereichen, aber auch in der Geschichte wie ein roter Faden durch“, erklärte Rossi. Im Begleittext hieß es dazu: „Nur wenn man in der Lage ist, Codes zu dechiffrieren und Symbole zu erschließen, kann man sich dagegen wehren.“ Anders drückte es eine Schülerin aus: „Am Anfang ist das noch Humor, später kann es dann in Hass umschlagen.“ Die Wirkmechanismen dieser Art der Kommunikation seien damals wie heute die gleichen, versicherte Rossi. Freilich werden statt der Postkarten die sozialen Medien genutzt. „Die Meinungsfreiheit hört da auf, wo die Beleidigung anfängt“, meinte ein Schüler. Rossi nickte zustimmend.
„Was wollen wir eigentlich schützen?“, fragt Rossi zum Abschluss. Es sei das jüdische Leben, das vielen allerdings weitgehend unbekannt sei. Die Q 12 wird diesen Punkt als Schwerpunkt im zweiten Halbjahr bearbeiten. Außerdem steht das Thema „Nahostkonflikt“ auf dem Stundenplan.
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