Mit der "Brücke" zurück ins Leben
Seit 40 Jahren hilft der Starnberger Verein jugendlichen Straftätern
„Hinter jeder Zahl steht ein Mensch, der am Anfang seines Lebens steht“, sagt Gerd Weger, als er auf 40 Jahre Starnberger „Brücke“ zurückblickt. Tausenden straffällig gewordener Jugendlichen hat der Verein dabei geholfen, wieder ein straffreies Leben zu führen. In einer Feierstunde im Pöckinger Beccult konnte die Jubiläumsfeier vom letzten Jahr jetzt endlich nachgeholt werden, im Beisein vieler Ehrengäste wie den Starnberger Alt-Bürgermeistern Heribert Thallmair und Ferdinand Pfaffinger, Alt-Landrat Karl Roth, Landrat Stefan Frey, dem Bundestagsabgeordnete Michael Kießling sowie vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Landkreis.
Vor 40 Jahren gab es für straffällig gewordene Jugendliche wenig Perspektiven. Auf sie wartete eine Geldstrafe, der Arrest oder schlimmstenfalls sogar der Jugendknast. „Wir aber wollten eine praktikablere Lösung“, erinnerte Vorsitzender Weger an den Gründungsgedanken. Im Oktober 1980 waren Juristen und Jugendarbeiter im Tutzinger Hof zusammengekommen, um Alternativen auszuloten. „Arbeit statt Arrest, Betreuung statt Bewährung“, so lautete der Leitgedanke. In 40 Jahren seien 11.500 Mädchen und Buben zwischen 14 und 21 Jahren und aus allen sozialen Schichten auf richterliche Weisung zu ihnen geschickt worden, sagte Weger. Die Aufgabe der Brücke sei es, den jungen Menschen bei der Erfüllung der gerichtlichen Auflagen zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, ihre schwierige Situation zu meistern. „Sie haben zwar Mist gebaut, aber sollen die Chance erhalten, in ein straffreies Alltagsleben zurückzukehren.“ Großen Anteil daran haben die Mitarbeiter des Vereins sowie die 60 Einrichtungen im Landkreis, die die Jugendlichen aufnehmen, wie Weger betonte. Er berichtete auch, dass in 40 Jahren der Gesprächsbedarf enorm gestiegen sei. Das hat einen Grund: „Den Jugendlichen gehen die Vertrauenspersonen ab, mit denen sie ihre Sorgen und Nöte besprechen können“, sagte Weger. Es fehle an häuslicher Zuwendung.
Handys
„Die Arbeit der Brücke ist eine ganz große Leistung“, lobte der bayrische Justizminister Georg Eisenreich. „Die Brücke ist ein ganz wichtiger Partner für Gerichte und Sozialarbeiter.“ Der veränderte Zeitgeist bestimmt auch die Art der Kriminalität. Heute ist es der allzu sorglose Umgang mit den Handys, der Jugendliche in Konflikt mit dem Gesetz geraten lässt, beispielsweise durch den Besitz unerlaubter Fotos. „Der Ärger mit der Justiz ist nur ein paar Clicks entfernt“, sagte Eisenreich. Er erhofft sich eine Verbesserung durch eine neue Kampagne namens „Mach dein Handy nicht zur Waffe“, die junge Leute mit dem Umgang mit sozialen Medien schulen soll.
Wohlstandsverwahrlosung
„Die Menschen müssen sehen, was dieser Verein leistet“, würdigte Landrat Stefan Frey das gesellschaftliche Engagement der Brücke. Im Gründungsjahr 1980 sei es noch um solche Sachen wie das unerlaubte Frisieren von Mofas gegangen, heute stünden die Wohlstandsverwahrlosung und die Vereinsamung vieler Jugendlicher im Focus. Der Landkreis übernimmt einen Großteil der Finanzierung des gemeinnützigen Vereins. Frey sagte das auch für die Zukunft zu: „Euch muss nicht bange sein, wir werden euch weiter tatkräftig fördern.“ Auch für die Starnberger Amtsgerichtsdirektorin Monika Andreß ist die Brücke ein wichtiger Partner der Justiz. So sei ihr bei ihrem Amtsantritt vor ein paar Wochen gleich aufgefallen, dass die Gewaltkriminaliät deutlich geringer sei als in München. „Da kann man sehen, welch gute Arbeit die Brücke leistet.“
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