Zeitreise ins alte Starnberg
Stadt gibt erstmals einen historischen Kalender heraus
Elegant gekleidete Damen und Herren, die um 1930 vor der Kulisse des Bergpanoramas auf der Terrasse des Undosa bei Kaffee und Kuchen das sommerliche Flair genießen, das Schwimmbad mit der imposanten Rutsche und gebräunten Schwimmern in nostalgischer Badebekleidung, der letzte Bayern-König bei der Eröffnung des Heimatmuseums kurz vor dem Ersten Weltkrieg, ein Pferdefuhrwerk, das sich durch die dick verschneite Hauptstraße kämpft und frühe Aufnahmen, die den Übergang vom fast unbebauten Fischerdorf Ende des 19. Jahrhunderts zum aufstrebenden Städtchen mit den ersten stolzen Hotels und Villen dokumentieren. Diese historisch einmaligen Ansichten des alten Starnberg samt den Geschichten hinter den Bildern zieren die Monatsblätter des Kalenders, den die Stadt zum ersten Mal herausgegeben hat.
Im Jahr 2010 hat die Stadt Starnberg fast den gesamten Bestand des Fotoarchivs Wörsching aufgekauft. Dabei handelt es sich um mehr als 6.000 Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1880 und den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. Sie alle wurden durchforstet, um schließlich die zwölf schönsten auszuwählen. "Das Wörsching-Archiv ist eine unglaubliche historische Quelle“, schwärmt Stadtarchivar Christian Fries, der zusammen mit Bürgermeisterin Eva John und Stadtförderin Sarah Buckel den im Kulturverlag der Stadt erscheinenden Kalender vorstellte. „Wir haben lange überlegt, wie man diesen Schatz öffentlich zugänglich machen kann, die Bilder sollten schließlich nicht in der Schublade liegenbleiben.“ Archivar Christoph Aschermann war es, der die Idee zum Kalender hatte, mit dem die Bürger als „Fenster zur Vergangenheit“ Gelegenheit haben, ihre Stadt wiederzuentdecken.
Einmalige historische Quelle
Für die Bürgermeisterin ist das Dezember-Bild aus dem Jahr 1925 mit dem alten Rathaus und dem kleinen Hügel mit den mächtigen Kastanien und dem von Ferdinand von Miller gegossenen Kriegerdenkmal der persönliche Favorit. „Gut zu erkennen ist das Nachbarhaus, das jetzt als „Letzte Bastion“ noch einmal zu Ehren gekommen ist, bevor es abgerissen wird“, so John. Sie kündigte die Pläne an, im Zuge der Bauarbeiten zusammen mit dem Eigentümer den jetzt so nüchternen Vorplatz wieder zu einem ansprechenderen Treffpunkt umgestalten zu wollen.
Fotografenfamilie Wörsching
Die bekannte Fotografenfamilie Wörsching begleitete ihre Heimatstadt seit dem 19. Jahrhundert mit der Kamera. 1877 stieg der ehemalige Vergolder und Kunstmaler Josef Wörsching in den damals noch ganz jungen Beruf ein. Er hatte das Malergeschäft seines Vaters übernommen, aber bald schon die Bedeutung der aufblühenden Fotografie erkannt, schreibt das Heimatbuch Starnberg dazu. In der Possenhofener Straße richtete er das erste Fotoatelier in Starnberg ein.
Sein Sohn Richard Wörsching stieg 1911 in das Geschäft ein. 1932 zog der Fotograf mit dem Geschäft dann an den Kirchplatz ins Zentrum. Und dessen Sohn Richard wiederum setzte die Arbeit fort.
Erschienen ist der Kalender mit einer Auflage von 1.000 Stück im Kulturverlag der Stadt, der auf die lokale Historie spezialisiert ist. Erhältlich ist er ab sofort im örtlichen Buchhandel und in der Tourist-Information zu einem Preis von knapp 15 Euro. Eine Fortführung ist fest geplant.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH