Ein Wonneproppen namens Sisi
Ältester Quellenbeleg zu Elisabeths Kindheit entdeckt

Das Sisi-Denkmal vor dem Museum Kaiserin Elisabeth in Possenhofen. Kaum zu glauben, dass die sportlich-schlanke Kaiserin als Kleinkind ein "dickes Ding" war. (Bild: Susanne Hauck)
Der Münchner Historiker Christian Sepp ist bei Recherchen zu einer Biographie über Königin Caroline von Bayern (1776-1841) auf den ältesten Quellenbeleg gestoßen, in dem die spätere Kaiserin Elisabeth von Österreich erwähnt wird. Der Brief stammt von Caroline, der Oma von Elisabeth, die unter ihrem Kosenamen „Sisi“ zu einer der berühmtesten Frauenfiguren der Geschichte wurde. Der Brief befindet sich in einem Konvolut, das im Staatsarchiv Sigmaringen, genauer gesagt im Hausarchiv des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen, verwahrt wird.
Der Brief, in dem Sisi als richtiger Wonneproppen beschrieben wird, stammt vom 28. Dezember 1838. Caroline, die verwitwete bayerische Königin, erzählt darin ihrer Nichte Louise von Baden über ihre Tochter, die ebenfalls Louise heißt und über die kleine Enkelin Sisi. In einem Postskriptum ihres auf französisch verfassten Briefes lautet der Absatz wie folgt: „Louise lässt Sie tausendmal grüßen, ihre dicke kleine Elise ist ein Jahr alt geworden und ist am Weihnachtsabend gelaufen, inmitten all der Menschen, die mein Appartement bevölkerten, mit einer Sicherheit, die allgemeines Staunen hervorrief.“
"Ein appetitliches Ding"
Christian Sepp erklärt dazu: „Louise ist der in der Familie geläufige Namen für Herzogin Ludovika und Elise der Kosenamen der kleinen Elisabeth, der später erst durch Sisi ersetzt wurde.“ Die Quellenlage zu Sisis früher Kindheit sei äußerst dürftig, so Sepp, der bereits mehrere Werke zu der herzoglichen Familie verfasst hat, darunter eine Biographie zu Herzogin Ludovika. So sei zwar Sisis Geburt am 24. Dezember 1837 durch den Bericht dreier Minister dokumentiert, die den Zuwachs im Hause Wittelsbach zu protokollieren hatten. Und es existiert ein Eintrag im Taufbuch der Pfarrei „Zu unserer lieben Frau“. Darüber hinaus sind aber keine weiteren Quellen bekannt, bis die kleine Herzogin im Oktober 1841 - kurz vor ihrem vierten Geburtstag - erneut auftaucht, und zwar in einem Brief ihrer Taufpatin, der Königin Elisabeth von Preußen, die von ihrem Besuch auf Schloss Possenhofen berichtet und ihr Patenkind Elise als „dickes, appetitliches Ding, recht hübsch“ bezeichnet.
„Durch den Quellenfund erfahren wir, dass Sisi ihren ersten Weihnachtsabend, der gleichzeitig ihr erster Geburtstag war, bei ihrer Großmutter Caroline verbracht hat, die als Königinwitwe in der kalten Jahreszeit in der Maxburg in München residierte“, weiß der Wittelsbach-Kenner Sepp. Die Familie feierte dort anstatt im prunkvollen Herzog-Palais in der Ludwigstraße, wo Ludovika und ihre Kinder eigentlich zu Hause waren. „Dies passt zu der Familiensituation in der herzoglichen Familie, denn die Ehe von Sisis Eltern war nicht glücklich“, erklärt Sepp. Ihr Vater, Herzog Max in Bayern, habe keine enge Bindung zu Frau und Kindern gehabt, meist durch Abwesenheit geglänzt und auch das Verhältnis zu seiner Schwiegermutter sei angespannt gewesen. „Ich bin eine Null für ihn“, habe Caroline die Beziehung zu ihrem Schwiegersohn einmal resigniert zusammengefasst.
Indiz für Sisis Sportlichkeit
Der Münchner Historiker weist außerdem auf einen weiteren bemerkenswerten Umstand hin: So war Sisi dem Schreiben ihrer Großmutter nach bereits an ihrem ersten Geburtstag in der Lage, sicher auf zwei Beinen zu laufen – ein frühes Indiz für ihre künftigen herausragenden motorischen und athletischen Fähigkeiten. Als erwachsene Frau wird sie später einen Großteil ihrer Zeit mit sportlicher Betätigung ausfüllen. Die Kaiserin von Österreich entwickelte sich zu einer der besten Reiterinnen Europas. Als sie aus gesundheitlichen Gründen das Reiten aufgeben musste, wurde sie zu einer passionierten Geherin, deren Bergtouren und Gewaltmärsche bei den begleitenden Hofdamen gefürchtet waren.
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