Sauber derbleckt
"Baby Beccult" und politische Hellseherei - so war der Pöckinger Nockherberg
Der „Pöckinger Nockherberg“ mit seinem traditionellen Politikerderblecken machte den mehreren hundert Gästen dieses Jahr noch mehr Spaß als sonst. Zum einen wegen der volkstümlichen Bierzelt-Stimmung im geräumigen „Beccult“, in dem die Veranstaltung nach 23 Jahren erstmals stattfand. Zum andern wegen der Hoffnung auf ein paar saftige Abrechnungen der vor der Tür stehenden Kommunalwahlen. Der Wahlkampf und das Gerangel der Parteien bestimmten denn auch einen Großteil des munter vorgetragenen Programms, das viele verbale Hiebe enthielt, aber niemand richtig wehtat. Eingeladen hatte wie immer die PWG.
Kristallkugel blieb dunkel
„Wer wird Bürgermeister in Pöcking, wer kommt in den Gemeinderat?“ Bei dieser Kardinalsfrage starrten die Zuschauer ebenso wie die Bühnen-Vertreter der Parteien gespannt auf die geheimnisvolle Wahrsagerin (Evi Erhard). Allein, auch deren Kristallkugel konnte nicht hellsehen und ließ die künftige Sitzverteilung im Dunkeln.
Auf der Bühne stand neben Altmeister Horst Curth und Ludwig Gansneder auch erstmals Martin Engesser, die die Parteien aller Couleur mithilfe von farblich passenden Kniestrümpfen verkörperten und zu klären versuchten, wer hier in Pöcking das Sagen hat. Ihren Einstand als Redenschreiberin und Nachfolgerin von Lili Gansneder gab Corinna Bürner.
Ein paar Gemeinheiten
„Ein paar Gemeinheiten kommen schon vor“, hatte Curth als dienstältester Derblecker angekündigt. Die musste vor allem CSU-Bürgermeisterkandidat Wolfram Staufenberg einstecken, wegen seiner „vielen monotonen Reden“ und seiner Art, klug daherzureden, aber dabei „viel Lärm um nichts“ zu machen. Ein Rempler ging auch an CSU-Kollegin und Frauenunions-Vorsitzende Ute Nicolaisen-März: „Sie tanzt zu viel im Kreis Starnberg und bewegt nichts in Pöcking.“ Bei den Grünen hieß es, sie würden zwar scheinheilig Granitpflastersteine aus dem Bayerischen Wald für den Gasthof Schauer einfordern, aber nur, um dann mit ihren dicken SUVs drüberzurollen. Und die SPD habe so viele promovierte Gemeinderatskandidaten oder besser gesagt Klugscheißer wie sonst niemand. Auch die eigene Partei bekam was ab: die umtriebige PWG habe überall ihre Finger drin und müsse sich Vetternwirtschaft vorhalten lassen.
Handarbeiten der Parteien
Viele Themen aus der Pöckinger Lokalpolitik kamen zur Sprache. Die hohen Wassergebühren, die Pöckinger Großfamilien, deren zahlreiche Mitglieder die Listen bei den Kommunalwahlen auffüllen, der Schmalzhof, der immer noch fehlende Wirt im Beccult. Immer wieder war das neue Bürgerhaus Thema und der Mann dahinter, Kulturreferent Albert Luppart. Der habe für sein „Baby Beccult“ regelrecht Vatergefühle entdeckt: „Er fühlt sich wie der alleinige Erzeuger, er putzt die Scheiße vom Baby auf und er schaut nachts, ob beim Baby alles in Ordnung ist“, wurde seine Fürsorge um den Bau auf den Arm genommen. Schade nur, dass jetzt kein Geld mehr für eine bequemere Bestuhlung da sei. Da müssten halt die Parteien zum Handarbeiten ran: Die Grünen filzen, die PWG flechtet etwas aus Holzspänen (eine Anspielung auf die Zimmerei Gansneder), die politisch driftende CSU strickt eins rechts eins links, die FDP produziert nur Luftmaschen und für die SPD ist nur wichtig, dass das Kissen hinterher rot ist.
Anfangs hatte Albert Luppart in einer launigen Rede die Gäste begrüßt, zu denen die Bürgermeister Rainer Schnitzler aus Pöcking, Bernhard Sontheim aus Feldafing und Eva John aus Starnberg zählten, ebenso wie die Landratskandidaten Stefan Frey, Matthias Vilsmayer und Cedric Muth. Auch die „PWG Youngsters“ hatten für ihre beiden deftigen Sketche um die altbairische Sprache viel Applaus bekommen. Der letzte Auftritt war ebenfalls sehr umjubelt. Der Pöckinger Historiker Erich Kasberger erwies sich als begnadeter Hobby-Kabarettist, der in einer geistreichen und humorvollen Nummer das noch nicht fertiggestellte Beccult wahlweise als „fluffigen Kunsttempel“ und als „Akropolis von Pöcking“ titulierte.
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