Eine Lok im Koffer
Die Modelleisenbahn bleibt beliebt
Für eine Auszeit aus dem Alltag braucht Franz Weingartner nicht weit zu fahren. Seine kleinen Fluchten verbergen sich in zwölf Koffern. Wenn der Gilchinger sie öffnet, kann er eine seiner detailreichen Modelleisenbahnlandschaften bewundern. In den Kofferdeckel hat er eine Ansicht von Schloss Neuschwanstein geklebt. Auf dem Boden zieht eine kleine Eisenbahn ihre Runden durch eine Winterlandschaft. Der Schnee glitzert, Einsatzfahrzeuge blinken. „Das Hobby gibt mir Ruhe und Kraft“, erklärt der 61-jährige – sowohl das Basteln, als auch das Zuschauen, wenn die Loks fahren.
Bereits als Kind ist Franz Weingartner dem Modellbaufieber erlegen. „So mit zwölf Jahren habe ich mit einer Mini-Trix angefangen“, erinnert er sich. Später kamen weitere Eisenbahnen dazu. Vor ein paar Jahren ist er dann aus Platzgründen von der Spur H0, das entspricht einem Maßstab von 1:87 zum Schienenoriginal auf die Spur Z mit dem Maßstab 1:87 umgestiegen. Für die größeren Anlagen habe er ein ganzes Zimmer benötigt. Nach dem Hausumbau fehlte der Raum. Außerdem wollte Weingartner auch im Urlaub sein Hobby nicht missen. „Ein Koffer passt gut in ein Wohnmobil“, erklärt er, und als er vor einiger Zeit auf Reha musste, war ein Koffer auch dabei. Dort habe er Zeit gehabt, um die Landschaften mit Lupe und Pinzette akribisch aufzubauen. Dafür hat er beispielsweise kleine Hölzchen für Brücken beim Spazierengehen gesammelt. Am Anfang befindet sich nämlich außer den Stromanschlüssen und den Schienen nichts im Modellbaukoffer.
Meistens ist Weingartner mit seinen Eisenbahnen alleine, aber zu den Gilchinger Modellbautagen und -Märkten bringt er sie mit. Erst vor kurzem hatte der erste Markt nach Corona wieder im Rathaus stattgefunden. 22 Aussteller waren gekommen und an die 500 Besucher, berichteten die Veranstalter Tobias Meier und Franz Gruber, der sich schon über 150 Gäste gefreut hätte. Der Großteil davon war allerdings männlich, denn nach wie vor ist Modelleisenbahnbauen ein von Männern dominiertes Hobby. „Ich kenne nur zwei Damen, die Modelleisenbahnen bauen“, so Gruber. Für die vielen Modelleisenbahnfans aus der Region sind diese Treffpunkte ein wahres Eldorado. Hier finden sie die benötigten Accessoires für ihr Hobby, aber auch der Expertenaustausch ist gefragt. Der Gilchinger Tobias Meier hat seine Liebe zu den Miniaturen quasi vom Vater geerbt, dabei ist er längst mit der Zeit gegangen und setzt auf digitale Möglichkeiten. Damit könne man die Szenerien noch viel besser „echt“ wirken lassen. Bei Meier quietschen dann die Bremsen, in den Bahnhöfen hört man Durchsagen und es blinkt und leuchtet dank der individuellen Programmierung. Es sind diese Möglichkeiten, derentwegen die Modelleisenbahnen auch wieder mehr junge Männer begeistern, weiß Meier, der begehrter Ansprechpartner ist, wenn es um Reparaturen und der Digitalisierung der alten analogen Anlagen im Gilchinger Fachgeschäft geht. Franz Weingartner erläuterte ebenfalls geduldig die Details seiner Kofferbahnen.
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